Wie entstehen Blendenflecke, Blendensterne und Unschärfekreise?

Lichtquellen oder helle Reflexe im Blickfeld der Kamera sind für eine ganze Reihe unterschiedlicher optischer Artefakte verantwortlich, die bisweilen stören, einem Bild aber auch einen spezifisch fotografischen Charakter verleihen können. Manche 3D-Software wie auch einige Bildbearbeitungsprogramme bieten sogar Filter an, mit denen man solche Effekte nachbilden kann. Da es sich um rein optische Phänomene handelt, sind sie schon lange bekannt; einige von ihnen treten aber bei Digitalkameras stärker in Erscheinung oder äußern sich in etwas anderer Weise.

Blendenflecke

In Gegenlichtaufnahmen sieht man manchmal mehrere helle, oft farbige Flecke, die wie an einer Schnur aufgereiht sind. Die Flecke können diffus begrenzt sein; häufiger haben sie aber die vieleckige Form der Blende. Verantwortlich für dieses Phänomen ist die Tatsache, dass Linsen das Licht nie vollständig hindurch lassen. Ein kleiner Teil des Lichts wird von den Glasflächen eines mehrlinsigen Objektivs hin und her geworfen, und wenn eine Lichtquelle sehr viel heller als das übrige Umgebungslicht ist, werden ihre Reflexionen im Bild sichtbar. Das von den einzelnen Linsen zurückgeworfene und gebrochene Licht passiert meist wenigstens einmal auch die Blende, und der helle Fleck erscheint dann durch die Blendenlamellen scharf begrenzt.

Selbst wenn die Lichtquelle gar nicht im Bild sichtbar, aber auch nicht weit vom Bildrand entfernt ist, kann sie noch durch Streulicht solche Blendenflecken hervorrufen. In diesem Fall ist eine an das Objektiv angepasste Streulichtblende nützlich – rechteckige oder tulpenförmige Streulichtblenden sind wirksamer als runde –, die vagabundierendes Streulicht abschirmt. Wenn es sich aber um direktes Gegenlicht handelt, kann man nur versuchen, den Effekt durch eine andere Ausrichtung der Kamera oder einen geänderten Bildausschnitt zum Verschwinden zu bringen.

Geisterbilder

Ein UV-Filter vor dem Objektiv lässt die beiden Kerzenflammen in den jeweils diagonal gegenüber liegenden Ecken als gespiegelte Geisterbilder erscheinen

Auch Geisterbilder sind Reflexionen von Lichtquellen, nur ist an ihrer Entstehung auch der Sensor beteiligt, der anders als die matte Filmemulsion eine glatte, hoch glänzende Oberfläche hat. Der Sensor – oder vielmehr das IR-Sperrfilter, das meist das oberste Element des mehrschichtigen Sensorstapels ist – wirft ein Bild der Lichtquelle zum Objektiv zurück, wo es dessen Linsen erneut durchläuft und dann manchmal von einer Linse wieder in Richtung des Sensors reflektiert wird. Das reflektierte Bild steht auf dem Kopf und ist gespiegelt: Wenn sich die Lichtquelle rechts oben befindet, erscheint ihr (oft farbiges) Geisterbild links unten.

Reflexionen an Linsen sind allerdings seltener und die so entstehenden Geisterbilder recht blass. Dagegen ist dieses Phänomen häufiger zu beobachten, wenn man ein Filter auf das Objektiv geschraubt hat, denn die planen Glasflächen eines Filters begünstigen die Reflexion von Geisterbildern. Auf die in der Digitalfotografie unnötigen UV-Filter sollte man daher verzichten; beim Kauf wirklich nützlicher und notwendiger Filter muss man auf eine hochwertige Vergütung auch auf der Rückseite des Filters achten. Darüber hinaus bleibt nur, die Entfernung, die Brennweite oder den Bildausschnitt so lange zu verändern, bis das Geisterbild verschwindet oder zumindest in einen Bildbereich wandert, in dem man es leicht herausretuschieren kann.

Unschärfekreise

Im Hintergrund, aber auch im unscharfen Vordergrund von Aufnahmen mit geringer Schärfentiefe fallen gelegentlich vieleckige oder auch nahezu runde Scheiben auf. Obwohl diese hellen Scheiben offenbar von Motiven weit außerhalb der Schärfezone herrühren, können sie scharf begrenzt sein.

Die Lichter der nächtlichen Straße erzeugten Unschärfekreise; die Flecken darin entstanden, weil sie durch eine von Regentropfen bedeckte Fensterscheibe fotografiert wurden.

Solche Unschärfekreise entstehen, wenn es im unscharfen Hinter- oder Vordergrund punktförmige Lichtquellen oder Lichtreflexe gibt – etwa, wenn das Sonnenlicht von Tautropfen in die Kamera reflektiert oder gebrochen wird. Da sie sich außerhalb der Schärfenzone befinden, werden solche Lichtpunkte als sogenannte Unschärfekreise abgebildet, die tatsächlich nicht unbedingt Kreise, sondern Abbilder der Blendenöffnung sind. Eine Irisblende aus neun Lamellen erzeugt also neuneckige Unschärfekreise. Je kleiner ein Lichtpunkt ist, desto schärfer ist die Kontur, und je weiter er von der Schärfenebene entfernt ist, desto größer, aber auch blasser erscheint die Scheibe, die er erzeugt. Auch die Eigenschaften des Objektivs, unter anderem eine unter- oder überkorrigierte sphärische Aberration, beeinflussen die Form.

Unschärfekreise bei Blitzaufnahmen („Orbs“)

Schwebende Staubflocken erscheinen im Blitzlicht als typische „Orbs“

Angeblitzte Haare erwecken den Eindruck einer Bewegungsspur

Die größeren Schneeflocken erzeugen unregelmäßige Flecken

Diese Art von Unschärfekreisen wirkt besonders verblüffend, weil sie im Vordergrund eines Bildes im scheinbar leeren Raum erscheinen und dem bloßen Auge verborgen bleiben; erst im Blitzlicht der Kamera werden sie sichtbar. Manchmal werden sie sogar als Bilder von Geistern oder Astralwesen missdeutet (siehe beispielsweise www.paranormal.de/orbs); dieses vermeintlich paranormale Phänomen wird dann als „Orbs“ bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich um Staub, Pollen oder Wassertröpfchen, die im Blitzlicht hell aufleuchten und dann als Unschärfekreise abgebildet werden. Auch Regentropfen und Schneeflocken rufen diesen Effekt hervor, wenn man den Blitz einsetzt, aber das Phänomen wirkt überraschender, wenn man die feinen Schwebteilchen, die ihn verursachen, mit bloßem Auge nicht sieht.

Der Grund dafür, dass man solche Unschärfekreise nicht schon im Tageslicht beobachten kann, liegt darin, dass das Sonnenlicht überall gleich hell ist, die Helligkeit des Blitzlichts aber stark von der Distanz abhängt – sie nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab, sodass in der doppelten Entfernung nur noch 1/4 der Lichtmenge ankommt. Wenn man beispielsweise auf ein zwei Meter entferntes Motiv fokussiert hat und die Blitzleistung so bemessen ist, dass sie dieses Motiv ausleuchtet, dann ist das Blitzlicht 25 Zentimeter vor dem Blitzreflektor, also 1/8 der Distanz, 64 mal so hell. Ein winziges Staubteilchen in dieser Entfernung leuchtet grell auf, und da es sich außerhalb der Schärfenzone befindet, erscheint es als heller Unschärfekreis. Langgestreckte Objekte wie beispielsweise Katzenhaare erzeugen den Eindruck einer Leuchtspur und damit einen Bewegungseffekt – tatsächlich leuchtet der Blitz zu kurz auf, als dass man eine Bewegung registrieren könnte.

Der Effekt ist umso stärker, je näher der Blitzreflektor an der optischen Achse liegt und je stärker das Licht gebündelt ist, denn das reflektierte Licht strahlt dann direkt in das Objektiv. Dies ist insbesondere bei den Superminis unter den Digitalkameras der Fall, die daher sehr anfällig für solche Artefakte sind; generell sind kleine Kameras anfälliger als große. Beim Einsatz externer Blitzgeräte tritt der Effekt kaum auf und kann mit Diffusorvorsätzen noch weiter gemindert werden.

Blendensterne

Neun Blendenlamellen haben das Licht der Sonne zu einem 18-strahligen Blendenstern aufgefächert.

Helle Lichtquellen in Nachtaufnahmen, aber auch Reflexe in Wassertropfen oder in spiegelnden Flächen erscheinen oft als Sterne mit einer immer gleichen Zahl von Strahlen. Diese Blendensterne werden ebenfalls von der Blende verursacht.

Eine punktförmige Lichtquelle, deren Licht durch eine kreisrunde Blende fällt, wird nicht als scharf begrenzter Punkt abgebildet, sondern aufgrund der Beugung der Lichtwellen an der Begrenzung der Blende etwas unscharf. Dieser Beugungseffekt ist für die zunehmende Unschärfe von Aufnahmen bei kleiner Blendenöffnung verantwortlich. Bei einer exakt kreisförmigen Blende wirkt dieser Effekt gleichmäßig in alle Richtungen und das Bild der Lichtquelle wird von einer diffus begrenzten kreisförmigen Wolke überlagert.

Eine Lamellenblende bildet aber keinen Kreis, sondern oft ein Polygon mit geraden Kanten. Die Beugung des Lichts erfolgt dann im rechten Winkel zu den Lamellenkanten, und so entstehen einzelne Strahlen statt einer diffusen Wolke. Wenn die Zahl der Lamellen gerade ist, liegen sich immer zwei zueinander parallele Lamellenkanten gegenüber, und die von ihnen erzeugten Strahlen überdecken und verstärken sich; daher sieht man nur so viele Strahlen, wie es Lamellen gibt. Blenden mit einer ungeraden Zahl von Lamellen erzeugen dagegen doppelt so viele Strahlen, weil sich die Strahlen zweier Lamellen nie überdecken können. Eine Blende aus 9 Lamellen erzeugt also 18 Strahlen, eine aus 10 Lamellen aber nur 10. Zur Verbesserung des Bokehs werden die Blendenlamellen manchmal abgerundet, und während unscharfe Bildbereiche dadurch weicher wirken, sind Blendensterne dann nur noch schwach ausgeprägt.

Die Stärke des Beugungseffekts ist abhängig von der Blendengröße, denn je kleiner die Blendenöffnung, desto größer ist der Anteil des Lichts, der von der Beugung am Rand betroffen ist. Die Blendensterne werden daher größer, wenn man abblendet. Entscheidend dafür ist die Blendenöffnung, nicht die Blendenzahl, die auch von der Brennweite abhängt.

Neben der Blende spielt auch der Kontrast und die scheinbare Ausdehnung der Lichtquelle eine Rolle: Eine nahezu punktförmige, sehr helle Lichtquelle vor dunklem Hintergrund ruft die schönsten Sterne hervor. Ist der Kontrast gegenüber dem Hintergrund geringer, so heben sich die Blendensterne kaum ab, und wenn die Lichtquelle nicht hinreichend punktförmig ist, überlagern sich die von jedem einzelnen Punkt ausgehenden Blendensterne wieder zu einer diffusen Wolke.