Welchen Farbraum sollte man wählen, sRGB oder Adobe RGB?
Im Kameramenü kann man meist zwischen wenigstens zwei Farbräumen wählen, sRGB und Adobe RGB. Sollte man hier Adobe RGB den Vorzug geben, da es der größere Farbraum ist und die Farbwiedergabe daher besser sein müsste?
Die JPEG-Dateien, deren Farbraum man im Menü wählt, können jeweils 256 Abstufungen von Rot, Grün und Blau unterscheiden, was in der Mischung dieser Grundfarben insgesamt 256 × 256 × 256 = 16.777.216 Farben ergibt. In dieser Hinsicht sind sRGB, Adobe RGB und alle anderen Farbräume gleich groß, denn mit 8 Bit pro Farbkanal lassen sich eben genau 16.777.216 Farben darstellen. Der Unterschied besteht darin, dass dies je nach Farbraum unterschiedliche Farben sind.
Ein RGB-Wert gibt zwar die Helligkeit von Rot, Grün und Blau zahlenmäßig präzise an, aber um was für ein Rot, Grün und Blau es sich bei den Grundfarben handelt ist ebenso wenig festgelegt wie die Helligkeit, für die ein bestimmter Zahlenwert steht. Welcher Farbe ein RGB-Wert entspricht, ergibt sich erst aus dem Farbraum.
Man kann sich einen Farbraum als ein riesiges Lager von Farbproben vorstellen, die nach der Helligkeit von Rot, Grün und Blau nummeriert sind. Wenn man also wissen will, welcher Farbe der RGB-Wert 150 Rot, 200 Grün und 30 Blau entspricht, muss sich die Farbe mit dieser Nummer heraussuchen. In jedem Farbraum wird man eine Farbe mit dieser Nummer finden, aber es ist nicht immer genau dieselbe – es ist ein helles Gelbgrün, aber in einem Farbraum wird es gelber, in einem anderen grüner, und in wieder anderen Farbräumen heller oder dunkler, gesättigter und ungesättigter sein.
Gegenüber sRGB enthält Adobe RGB (hier grau angedeutet) insbesondere mehr gesättigte Grün- und Blautöne; die Zahl unterschiedener Farben bleibt aber dieselbe.
Die verschiedenen Farbräume, in denen man ein JPEG-Bild speichern kann, enthalten zwar dieselbe Zahl von Farben, aber nicht genau dieselben Farben. Adobe RGB enthält im Unterschied zu sRGB weitere, besonders gesättigte Blau- und Grüntöne; der Gamut, also der Bereich darstellbarer Farben ist also größer. Aber dafür können die übrigen Farbtöne nicht mehr ganz so fein wie in sRGB aufgelöst werden. Wenn man in einer Bildbearbeitungssoftware wie Photoshop im 16-Bit-Modus arbeitet, ist die Farbauflösung millionenfach höher, so dass man bedenkenlos den Farbraum mit dem größten Gamut wählen kann, aber bei den 8 Bit pro RGB-Kanal, mit denen JPEGs gespeichert werden, wird ein größerer Gamut mit einem Verlust an Farbdifferenzierungen erkauft.
Hinzu kommt, dass die Betrachter der Bilder oft wenig Aufmerksamkeit auf eine farbverbindliche Darstellung verwenden, die ein durchgängiges Farbmanagement und insbesondere einen kalibrierten Bildschirm erfordert. Manche Browser ignorieren den Farbraum angezeigter Bilder ohnehin und gehen stets von sRGB aus. Mit der Wahl von sRGB hat man daher in der Praxis die größten Chancen, dass die Bilder am Ende annähernd farbrichtig betrachtet werden können.
Auf parallel zu den JPEGs gespeicherte Raw-Dateien hat die Farbraumwahl keine Konsequenz; nur das darin eingebettete Vorschaubild verwendet den eingestellten Farbraum. Die Rohdaten befinden sich noch im nicht standardisierten Farbraum des Sensors und werden erst im Raw-Konverter in ein RGB-Bild umgewandelt, und in welchem Farbraum sie dann exportiert werden, legt man erst dann fest.
Im Kameramenü ist sRGB deshalb die sinnvollste Wahl, denn die damit gespeicherten JPEGs haben so die besten Aussichten, ohne starke Farbverfälschungen dargestellt zu werden. Wenn es um höchste Qualität und Farbverbindlichkeit geht, empfiehlt sich ein Raw-Workflow, für den die Farbraumwahl in der Kamera keine Rolle spielt.