Wie funktioniert ein Schlitzverschluss?
Jede Kamera benötigt einen Verschluss, der die Belichtungszeit begrenzt. Dies kann ein mechanischer Verschluss sein, der den Weg des Lichts zum Sensor versperrt, oder ein elektronischer Verschluss, der die Zeit, in der die Zellen des Sensors Licht in elektrische Ladungen umwandeln können, auf elektronischem Wege regelt. Während Kompaktkameras meist einen elektronischen Verschluss mit einem mechanischen Zentralverschluss kombinieren, dominiert bei digitalen Spiegelreflexkameras der mechanische Schlitzverschluss, wie er auch schon in Kleinbild-SLRs üblich war.
Der Schlitzverschluss einer Canon EOS 30D
Ein Schlitzverschluss besteht aus zwei Verschlussvorhängen, die ursprünglich tatsächlich aus Stoff bestanden; heute sind die Verschlussvorhänge typischerweise aus Metalllamellen aufgebaut. Im Ruhezustand versperrt der erste Verschlussvorhang den Strahlengang; erst zum Beginn der Belichtung öffnet er sich und gibt den Sensor frei. Zum Ende der Belichtung folgt ihm ein zweiter Verschlussvorhang, der sich in gleicher Richtung bewegt und den Strahlengang wieder schließt. Dies ist der Ablauf, wie man ihn bei längeren Belichtungszeiten wie etwa 1/8 Sek. beobachten könnte. Stellt man nun immer kürzere Zeiten ein, so wird der zweite Verschlussvorhang den Verschluss bei einer bestimmten Belichtungszeit (etwa bei 1/100 oder 1/200 Sek.) genau in dem Moment wieder zu schließen beginnen, in dem ihn der erste Verschlussvorhang gerade vollständig geöffnet hat. Bei noch kürzeren Zeiten setzt sich der zweite Vorhang schon in Bewegung, noch bevor der erste Vorhang den Strahlengang vollständig freigegeben hat; beide Vorhänge bewegen sich dann parallel und zwischen ihnen bleibt ein Spalt oder Schlitz frei, dem der Schlitzverschluss seinen Namen verdankt. Jede Zelle des Sensors empfängt nur Licht, so lange sich der Schlitz zwischen den beiden Vorhängen über sie hinwegbewegt, und je schmaler der Schlitz ist, desto kürzer ist die effektive Belichtungszeit. Die Zellen des Sensors werden also bei kurzen Belichtungszeiten nicht gleichzeitig belichtet, sondern Zeile für Zeile nacheinander.
Diese Eigenheit hat Konsequenzen für die Fotografie bewegter Motive wie auch für die Blitzfotografie. Wenn der Schlitzverschluss beispielsweise ein fahrendes Auto abtastet, werden die später vom Schlitz erfassten Teile in Fahrtrichtung verschoben abgebildet, da sich das Auto ja während der Bewegung der Verschlussvorhänge ebenfalls weiterbewegt hat. Da das Blitzlicht typischerweise nur für Bruchteile einer 1/1000 Sek. aufleuchtet, belichtet es nur den relativ kleinen Teil des Bildformats, über den sich der Schlitz in dieser Zeit hinwegbewegt hat. Die kürzeste Blitzsynchronzeit ist daher jene Verschlusszeit, bei der der Verschluss wenigstens für eine kurze Zeit vollständig geöffnet bleibt, sich der zweite Verschlussvorhang also erst zu schließen beginnt, nachdem der erste Verschlussvorhang den Strahlengang freigegeben hat. Typische Synchronzeiten liegen zwischen 1/100 und 1/250 Sek., und die einzige Möglichkeit, die Synchronzeit zu verkürzen, besteht darin, die Bewegung der Verschlussvorhänge zu beschleunigen. Dies vergrößert aber gleichzeitig die Belastung und den Verschleiß des Verschlussmechanismus, dessen Lebensdauer ohnehin beschränkt ist; daher findet man besonders kurze Synchronzeiten nur bei relativ teuren Profimodellen, deren Schlitzverschluss besonders aufwendig konstruiert ist und besonders belastbare Materialien verwendet.
Trotz dieser Beschränkung kann man mit der sogenannten FP-Kurzzeitsynchronisation auch noch viel kürzere Verschlusszeiten nutzen, muss dann aber einen Verlust an Blitzleistung in Kauf nehmen. Der Begriff „FP-Kurzzeitsynchronisation“ geht auf die Zeit zurück, in der sich Kameras mit Schlitzverschluss durchzusetzen begannen: Die damals noch üblichen Einweg-Blitzbirnen kamen in speziellen „FP“-Versionen auf den Markt, deren besonders lange Leuchtdauer ähnlich kurze Synchronzeiten wie bei Kameras mit Zentralverschluss möglich machte. Die Abkürzung „FP“ für „focal plane“ verweist auf den Schlitzverschluss – englisch „focal plane shutter“. Die Blitzröhren eines Elektronenblitzgeräts kann man zwar nicht so lange aufleuchten lassen, wie es für sehr kurze Belichtungszeiten mit einer Schlitzverschlusskamera nötig wäre, aber wenn das Blitzgerät statt eines Blitzes mit voller Leistung eine Vielzahl leistungsschwächerer Blitze mit einer hoher Frequenz von 10.000 bis 50.000 Hertz abfeuert, kann es auf diese Weise eine längere Leuchtdauer simulieren. Diese FP-Kurzzeitsynchronisation erlaubt Verschlusszeiten jenseits der normalen Synchronzeit, verschenkt allerdings einen Teil der verfügbaren Blitzleistung, sodass die effektive Leitzahl sinkt.