Kann das Sonnenlicht den Sensor zerstören?
Das Objektiv einer Kamera wirkt wie eine Sammellinse, also wie ein Brennglas, mit dem man beispielsweise Papier entzünden kann, wenn man das Sonnenlicht zu einem Punkt bündelt. Bei einem auf Unendlich fokussierten Objektiv würden die Sonnenstrahlen tatsächlich auf einer kleinen Fläche konzentriert und könnten den Sensor dort irreparabel beschädigen. In wieweit diese prinzipielle Möglichkeit aber eine tatsächliche Gefahr darstellt, hängt von den Umständen ab.
Einer Spiegelreflexkamera kann die Sonne kaum gefährlich werden; auch der niedrige Sonnenstand bannte bei dieser Aufnahme jede Gefahr.
Bei einer Spiegelreflex- oder Messsucherkamera ist der Schlitzverschluss vor dem Sensor fast ständig geschlossen; nur während der meist nur Sekundenbruchteile langen Belichtungszeit gibt er den Sensor frei. Die Gefahr einer Schädigung ist daher gering – Langzeitbelichtungen einmal ausgenommen, aber wer käme auf die Idee, eine Aufnahme der Sonne mehrere Sekunden zu belichten?
Anders sieht es bei spiegellosen Systemkameras oder Kompaktkameras aus, die ihr Sucherbild auf elektronischem Wege aus den Sensordaten erzeugen. Dazu muss der Verschluss auch zwischen den Aufnahmen ständig geöffnet bleiben, womit der Sensor einer eingeschalteten Kamera im Aufnahmemodus ständig gefährdet bleibt. Dasselbe gilt für eine Spiegelreflexkamera im Live-View-Modus. Man könnte den Sensor also schon in Gefahr bringen, wenn man eine solche Kamera bloß auf die Sonne richtet, auch ohne überhaupt eine Aufnahme zu machen.
Ob diese Gefahr real ist, hängt einmal vom Sonnenstand ab. Am Mittag steht die Sonne am höchsten. Ihr Licht durchdringt die Atmosphäre auf kürzestem Wege und ist nicht nur sehr hell; es erzeugt auch viel Wärme, wenn es von einem Gegenstand wie beispielsweise einem Sensor absorbiert wird. Gegen Morgen oder Abend muss das Licht der niedrig stehenden Sonne eine viel größere Strecke durch die Lufthülle der Erde zurücklegen, und die Strahlen, die noch hindurch dringen, sind entsprechend schwächer. Von Fotos des Sonnenauf- oder Sonnenuntergangs geht daher keine Gefahr aus. Ganz allgemein gilt die Regel, dass grelles Licht, das unsere Augen schädigen würde, auch keinem Sensor zugemutet werden sollte.
Dass man nur selten von durch Sonnenlicht beschädigten Sensoren hört, liegt einerseits daran, dass das Objektiv meist nicht auf Unendlich fokussiert ist, und andererseits daran, dass die Kamera selbst regulierend eingreift und allzu helles Licht schon durch Abblenden reduziert. Vor allem kann das Sonnenlicht meist nur für kurze Zeit einen bestimmten Punkt auf dem Sensor erhitzen, denn jede Bewegung der Kamera lässt diesen Brennpunkt auf dem Sensor wandern. Man müsste die Kamera schon für längere Zeit sehr ruhig halten oder auf ein Stativ montieren, um wirklich Schaden anzurichten, aber bei einer spiegellosen Kamera mit einem Weitwinkelobjektiv wäre es auch gefährlich, sie mit dem Objektiv nach oben abzulegen. Wer ganz sicher gehen will, setzt bei Nichtgebrauch stets einen Objektivdeckel auf.